Donnerstag, 4. November 2021

Abies canadensis - Ein Kurzportrait

Die kanadische Hemlocktanne ist ein kleines Mittel - doch groß genug um damals die Aufmerksamkeit von Doktor Boericke zu erregen. Alle Rubriken, welche in diesem Artikel genannt werden, stammen aus seinem “Homoeopathic Materia Medica & Repertory.” Es ist das Mittel auf Seite 1. Ich besitze den Druck von Jain Publishers aus Indien.


Heidelberg - vom Königstuhl aus gesehen (Eigenes Foto)


In einem finsteren Walde


Wir Deutschen besingen Laubbäume seit dem Mittelalter, weil wir diese Bäume lieben - während Nadelbäume durchaus dunkle Assoziationen hervorrufen. Sie wachsen üblicherweise im Wald. Wälder waren im Mittelalter gefährlich, wegen der Räuber und der Bären. Das ist offenbar noch in unserer Kollektivseele vorhanden. Ich fand das Unheimliche in 9 von 16 Baum-Arzneien wieder, zum Beispiel als furchterregende Träume. Bei der Hemlocktanne zeigt es sich als Furcht vor etwas das nicht Vertrauen erweckend ist. Dr. Boericke schreibt: *Es läuft kalt den Rücken herunter; ein Gefühl von kaltem Wasser zwischen den Schultern.*


Nacken, Rücken, Kniekehle und alles was auf unserer Rückseite ist, hat einen Bezug zum Thema Vertrauen, bzw. Missbrauch dieses Vertrauens. Mancher wird auch Opfer einer Hinterhältigkeit. Wir müssen unserer Umwelt ja ein gutes Stück weit vertrauen, einfach weil wir hinten keine Augen haben. Dieser Patient kann nicht so ohne weiteres vertrauen, ist in diesem Punkt ängstlich. Er spürt offenbar von hinten die "kalte Hand des Räubers im Walde." Doch diese Arzneipersönlichkeit ist beileibe nicht nur das Opfer. Es versteht sich von selbst, dass es auch die eigene Dunkelheit ist, welche auf die Umwelt projiziert wird. 

Den inneren Kampf zwischen Licht und Dunkelheit finden wir astrologisch sehr schön im 8. Haus wieder. Er ist großartiger Stoff für tolle Blockbuster, nicht nur für den "Herrn der Ringe!"


Kindliche Schutzbedürftigkeit


Der Schwerpunkt dieses Mittels liegt auf ausgeprägten Magensymptomen. Dr. Boericke spricht von einem *leeren Gefühl im Epigastrium; Brennen des Magens und gewaltigem Appetit; Blähungen stören die Herztätigkeit; Verstopfung; Brennen im Rektum.* Symptome des Verdauungstraktes, vor allem des Magens, zeigen im allgemeinen eine kindliche Schutzbedürftigkeit, samt Furcht vor dem nächsten Entwicklungsschritt im Leben. So ist es auch hier. Etwas zu verdauen bedeutet etwas zu konfrontieren und zu bewältigen. Doch Menschen mit zahlreichen (!) Symptomen des Verdauungstraktes sind anfällig dafür Herausforderungen zu verweigern, weil sie glauben es nicht zu schaffen. 


Heißkaltes Temperament


Diese Tanne ist vorwiegend ein Frauenmittel. Also beziehen wir das letzte Symptom dieses Artikels probeweise auf Mädchen und Frauen. Dabei dachte ich an folgendes: Musikerinnen, die mit Leidenschaft ihr Instrument spielen, heißen auch “Vollblutmusikerinnen.” Durch ihr Feuer sind sie attraktiv für Geschlechtspartner und gelten als “heiß.”

Im Mittelbild dieser Tanne finden wir aber Eiseskälte, mit anderen Worten: das glatte Gegenteil von heißblütig. Das markante Symptom der Arznei heißt: *Kaltes Schaudern; Gefühl als sei das Blut Eiswasser.* Wie deuten wir das? Hier flieht jemand aus der Sexualität.


Die Tabusierung der Sexualität, samt des Aspektes der Fruchtbarkeit, ist ein allgemeines Thema der homöopathischen Koniferen. Zu dieser botanischen Ordnung gehört auch die kanadische Hemlocktanne.


Wer mag, kann mit mir "eine Etage tiefer gehen" und sich fragen was hinter dem Tabu der Sexualität stecken mag. Das herzuleiten ist hier recht einfach. Die meisten homöopathischen Bäume werden dem sykotischen Miasma zugeordnet. Das gilt auch für diese Arznei-Persönlichkeit. Ein wesentliches Gemütssymptom der Sykose ist die Übertreibung. Wir sprechen also von einer Tabusierung einerseits und sexuellen Exzessen andererseits. Daraus folgt: Die Seele des Sykotikers bewältigt die Angst vor sexuellen Exzessen durch eine Tabusierung. Orgien, so harmlos sie auch daherkommen mögen, werden zum Schatten, denn "dabei könnte man sich vergessen." Wer mag, kann das auch auf das individuelle Karma beziehen. Saturn im 5. Haus bedeutet aus astro-karmischer Sicht:


Angst vor sexuellen Übertreibungen oder Entgleisungen. Daraus folgt das Dogma: "Alles andere als Missionarsstellung ist eine Sauerei! Schauen wir deshalb, dass wir die Sache bald hinter uns bekommen!"


Im gesunden Mittelbild finden wir innere Ruhe, Licht und Schatten im ausgewogenen Verhältnis, sowie eine dezente starke Sexualität, ohne Schuldgefühl.

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